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Muslime an einer öffentlichen Bekenntnisschule?

HABEN MUSLIMISCHE SCHULKINDER EINEN ANSPRUCH AUF AUFNAHME AN EINER ÖFFENTLICHEN BEKENNTNISSCHULE?

Kurzantwort: Bekenntnisfremde Kinder sind an öffentlichen Bekenntnisschulen nur ausnahmsweise zuzulassen, wenn keine andere Schule in zumutbarer Nähe zur Aufnahme bereit ist und das Kind sich uneingeschränkt mit der Bildung und Erziehung in dem jeweiligen Bekenntnis einverstanden erklärt.

Öffentliche Bekenntnisschulen, die gänzlich vom Staat finanziert werden, sind heute nur noch selten anzutreffen. Neben Nordrhein-Westfalen (§§ 26 ff. Schulgesetz Nordrhein-Westfalen) kommen diese Schulen nur noch in Niedersachsen (§§ 129 ff. Schulgesetz Niedersachsen) vor.
Bekenntnisschulen genießen einen Sonderstatus und sind in erster Linie an Kinder des jeweiligen Bekenntnisses ausgerichtet. In Nordrhein-Westfalen hat die Bekenntnisschule gar Verfassungsrang. Gemäß Artikel 12 Absatz 3 Satz 2 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen werden an diesen Schulen die Kinder nach den Grundsätzen des jeweiligen Bekenntnisses unterrichtet und erzogen. Hierdurch soll eine gewisse „Homogenität“ unter den Schülern sowie Lehrern gewährleistet werden.1
Der Religionsunterricht ist an diesen Schulen nicht nur ordentliches Lehrfach, sondern bildet einen elementaren Kern und damit inzident die Identität der Schule. Gesichert werden soll eine störungsfreie Erziehung ohne Gefahr von Rechtsstreitigkeiten. Bekenntnisfremde Kinder seien daher nur ausnahmsweise zuzulassen, wenn keine andere Schule in zumutbarer Nähe zur Aufnahme bereit ist und das Kind sich uneingeschränkt mit der Bildung und Erziehung in dem jeweiligen Bekenntnis einverstanden erklärt. Tut es das nicht, müsse die Schule das Kind grundsätzlich auch nicht aufnehmen.2   Zumutbar ist dabei nach § 12 Absatz 3 Satz 2 Halbsatz 1 der Schülerfahrtkostenverordnung Nordrhein-Westfalen für Schüler der Grundschule eine Schulwegdauer von insgesamt nicht mehr als einer Stunde.
Verfassungsrechtlich lässt sich dieser Standpunkt, so jedenfalls das Bundesverfassungsgericht, nicht beanstanden. Schließlich ginge der Gesetzgeber selber in Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz sowie Artikel 7 Absatz 5 Grundgesetz davon aus, dass neben den öffentlichen Volksschulen auch Bekenntnisschulen eingerichtet werden können.3   Das Bundesverfassungsgericht folgert daraus, dass der Landesgesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich die Schulform, einschließlich etwaiger Zwischenformen, frei wählen könnte.4   Die Länder würden so die Möglichkeit bekommen auf die unterschiedlichen Gegebenheiten und Anforderungen in ihrer Bevölkerung reagieren zu können. Je nach dem welcher Konfession die Bevölkerung angehört und wie stark diese religiös verwurzelt sind, können die Länder dann entscheiden, welche Schulform letztlich in ihrem Land realisiert wird.5

Siehe hierzu OVG NRW, Beschluss v. 21.03.2016, Az. 19 B 996/15, Rn.  30.

2 BVerwG, Beschluss v. 22.03.2017, Az. 6 B 66.16; OVG Münster, Beschluss v. 09.09.2016, Az. OVG 19 A 805/14, Rn. 14; VG Minden, Urteil v. 28.02.2014, Az. 8 K 1719/13, Rn. 26; ähnlich OVG NRW, Beschluss v. 04.09.2013, Az. 19 B 1042/13, Rn. 8.

3 BVerfG, Beschluss v. 08.09.2017, Az. 1 BvR 984/17, Rn. 23.

4 BVerfG, Beschluss v. 17.12.1975, Az. 1 BvR 63/68, NJW 1976, S. 947 (947); BVerfG, Beschluss v. 08.09.2017, Az. 1 BvR 984/17, Rn. 23.

5 Maunz/Dürig/Badura, 82. EL Jan. 2018, Art. 7 Rn. 50.

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