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Islamische Testamente

Sind islamische Testamente nach deutschem Recht wirksam? 

Kurzantwort: Islamische Testamente können in Deutschland wirksam sein, wenn sie die gesetzlichen Formvorschriften erfüllen und konkret angeben, wer Erbe wird und welche Anteile diese erhalten. Eine allgemeine Bezugnahme auf „islamische Erbregeln“ ist nicht ausreichend. Zudem kann es sein, dass Pflichtteilsansprüche nach deutschem Recht höhere Erbanteile als die islamischen Regelungen vorsehen. Daher sollte auch berücksichtigt werden, wie mit diesen Pflichtteilsansprüchen umgegangen wird.

Unter einem islamischen Testament sind Testamente zu verstehen, die sich bei den Bestimmungen des Erblassers über die Aufteilung seines Erbens nach der islamischen Erbfolge richten. In Deutschland können islamische Testamente in der Regel wirksam vereinbart werden. Die Wirksamkeit eines Testaments richtet sich nach den Vorschriften des deutschen Erbrechts, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt sind. Beim Aufsetzen eines Testaments sind folgende Punkte zu beachten:
  1. Berücksichtigung des deutschen Rechts: Sollte der Erblasser aus einem Land stammen, in dem islamisches Recht gilt, und weiterhin dessen Staatsangehörigkeit besitzen, könnte das internationale Privatrecht zur Anwendung kommen. Nach Art. 25 und Art. 26 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) kann unter bestimmten Umständen ausländisches Erbrecht Anwendung finden. Allerdings wird geprüft, ob dieses Recht mit den grundlegenden Werten des deutschen Rechts übereinstimmt (Ordre public).1 Soweit dies nicht der Fall ist, gilt deutsches Recht.2

  2. Formvorschriften: Auch ein islamisches Testament muss den gesetzlichen Formvorschriften entsprechen. Dies bedeutet, dass das Testament handschriftlich verfasst und vom Erblasser unterschrieben sein ((mit Namen, Datum und Ort (Eigenhändiges Testament, § 2247 BGB) oder notariell beurkundet werden muss (Notarielles Testament, § 2232 BGB).3

  3. Einbeziehung religiöser Vorschriften: Es ist möglich, dass ein Testament religiöse Vorschriften berücksichtigt, solange diese mit den deutschen erbrechtlichen Vorschriften vereinbar sind. Allerdings müssen die Bestimmungen des Testaments klar und eindeutig formuliert sein. Es reicht nicht aus, pauschal das islamische Erbrecht oder die Scharia als maßgeblich zu erklären. Der Erblasser muss konkret angeben, wer Erbe sein soll und welche Anteile die Erben erhalten sollen. Zudem ist zu beachten, dass z.B. die Motivation hinter der geschlechtsspezifischen Ungleichbehandlung sorgfältig geprüft wird. Missbilligende Motive wie einfache Frauenfeindlichkeit oder diskriminierende Haltungen sind nicht zulässig, während eine religiös fundierte Testierfreiheit im Rahmen des Verfassungsrechts geschützt ist.4

  4. Pflichtteilsrecht: Der Inhalt des islamischen Testaments darf nicht gegen die zwingenden Vorschriften des deutschen Erbrechts verstoßen. Dazu gehört unter anderem das Pflichtteilsrecht (§ 2303 BGB), welches für Ehegatten, Abkömmlingen und Eltern des Erblassers einen Mindestanteil am Nachlass vorsieht. Dieser Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Diesen Pflichtteil müssen die Angehörigen jedoch aktiv einfordern. Weiterhin ist es möglich das Pflichtteilsrecht im Einvernehmen mit dem Pflichtteilsberechtigten auszuschließen. Dieser Pflichtteilsverzicht kann auch entgeltlich unter einer Bedingung vereinbart werden.5 Die Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts ist nur wirksam, wenn Sie von einem Notar beurkundet wurde (§ 2348 BGB).
  5. Praktische Umsetzung: Um ein Testament nach islamischen Vorgaben aufzusetzen, welches auch in Deutschland wirksam ist, sollte man eine Reihe von Erbfällen erfassen und die jeweiligen Erbberechtigten nach islamischen Recht zustehenden Anteil notieren, um das Testament nicht aktualisieren zu müssen, wenn sich ein Umstand ändert (z.B. Eltern sterben). Eine detaillierte Anleitung zur Erstellung eines Testaments finden sie hier.

Islamische Testamente können somit in Deutschland wirksam sein, sofern sie den formalen und inhaltlichen Anforderungen des deutschen Erbrechts entsprechen.


1 OLG Frankfurt, Urteil v. 10.05.2010, Az. 20 W 4/10.
2 v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6. Grundbegriffe Rn. 142.
3 Löhnig/Fischinger ErbR Rn.18 ff..
4 Issad, A. (2019). Islamisch inspirierte Testamente: Ein Beitrag zur Inhaltskontrolle von Verfügungen von Todes wegen.
5 BGH, v. 04.07.1962, Az. V ZR 14/61.

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